San Sebastián
♪♫ Gold – Jeremy Loops ♪♫
Noch im Flugzeug überwältigte mich bereits der Anblick von Donosti aus der Luft. Nicht nur von San Sebastián selbst, sondern der gesamten Umgebung. Ich habe schon viele schöne Flugzeugfensterblicke gehabt: Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge über den Wolken, Paris bei ganz und gar wolkenloser Sicht, Hyères oder die schneebedeckten mal schroffen, mal lieblichen Gipfel der Alpen. Aber das hier übertraf einfach alles. Die Berge und Hügel des Baskenlandes waren ein Anblick aus hunderten satten Grüntönen. Die Sonne schien so stark, dass sich ein dunstähnlicher Schein über diese legte und ein paar wenige Wolken hingen tief in den Tälern. Der ganze Anblick hatte etwas magisch paradiesisches und schien fast unwirklich. In der Ferne erblickte ich auf dem Weg nach Bilbao bereits die Bucht von San Sebastián, die wunderbar perfekt und unverwechselbar an der Küste auszumachen war. In diesem Moment war ich mir, noch bevor ich einen Fuß auf den Boden der Hauptstadt Guipúzcoas gesetzt hatte, sicher, dass diese Tage einfach großartig werden würden.
Mein Tipp: Da die Flugroute nach Bilbao in der Regel über das Festland geht, unbedingt einen Fensterplatz auf der rechten Seite in Flugrichtung reservieren. Dann kommt ihr bei gutem Wetter in den Genuss dieses fabelhaften Anblicks.
Unromantischer geht es mit dem Bus (Pesa) vom Flughafen Bilbao nach San Sebastián. Doch sobald der Bus sich seinen Weg durch die Stadt zum Busbahnhof bahnt, ist der Zauber wieder da. Ein 10-minütiger Weg führt mich durch das Zentrum in die Pensión Garibai – der erste absolute Glücksgriff dieser Reise. Herzlicher Empfang mit allerlei Tipps zur Stadt und einer Liste ihrer besten Restaurants, neue, schöne Zimmer mit tollem verhältnismäßig großem Bad und Terrasse zum Innenhof. Da ich noch nicht in mein Zimmer konnte, ging es direkt los, das Lebensgefühl aufsaugen und durch die Stadt spazieren, um jeden Winkel zu entdecken.

Die Schönheit der Stadt erschlägt mich zugegebenermaßen im ersten Moment. Obwohl dies nicht ganz richtig ist. San Sebastián ist beim ersten Anblick wirklich einfach nur wahnsinnig schön und blendet im heißen Sonnenlicht des Augusts regelrecht. Sodass ich zunächst nicht genau weiß, was ich als allererstes entdecken will. Zur Auswahl standen: die Altstadt, ein Aufstieg zum Monte Urgull, das Viertel Gros mit seinem Strand Zurriola, die Skulpturen des Peine del Viento, ein Spaziergang entlang der muschelförmigen Strandpromenade, der Palast – und ehemalige Königssitz für den Sommer – Miramar, die Fahrt mit dem Funicular auf den Monte Igueldo, eine Runde durch die übrige Innenstadt oder ganz einfach ein Sprung in den erfrischenden Atlantik. Auch ein Cappuccino in einem der unzähligen Cafés wäre eine gute Wahl gewesen. Meine Wahl allerdings fiel darauf, mich auf einer der Bänke im Halbschatten im Park Alderdi Eder niederzulassen, Touristen wie Einheimische zu beobachten und die Stadt auf mich wirken zu lassen. Nachdem ich einen Blick in mein Notizbuch, das alle Dinge auf der Route enthielt, die ich mir auf gar keinen Fall entgehen lassen wollte, und den Stadtplan geworfen hatte und mir mit Blick auf das Rathaus einen groben Plan für die nächsten Tage gemacht hatte, schlenderte ich durch die Altstadt. Diese versprüht mit ihren Straßen, wenigen kleinen Gassen und typischen Häuserfassaden das sommerlich-südliche Gefühl einer fast jeden spanischen Altstadt. In den Nebenstraßen, die im Hochsommer nicht von Touristen überrannt werden, scheint das Leben entspannter zu laufen. Man findet in der Altstadt kleine Läden, aber vor allem ein Restaurant-Bar neben dem anderen. Kulinarisch wird in San Sebastián von der gemütlich-quirligen Pintxosbar bis hin zum gediegeneren Restaurant, in dem ebenfalls Pintxos serviert werden, allerhand geboten. Ich esse so viel frischen Fisch, Bacalao und Gambas wie möglich. Mein absoluter Favorit dieser 4 Tage: Borda Berri. Eine typisch spanische Bar, in der die pintxos lecker sind, Bier und Wein schnell fließen, viel los und alles in Bewegung ist, sich aber dennoch niemand aus der Ruhe bringen lässt. Gegessen wird an der Bar oder im Stehen. Ich lasse mich treiben, geh kreuz und quer um eine und die nächste Straßenecke, mal die Parallelstraße zurück und bin schnell am anderen Ende der Altstadt angelangt. Mein Weg führt mich auch über die Plaza de la Constitución, dem Zentrum für Feste in der Altstadt. Umgeben ist der Platz mit den typischen Rundbögen und Passagen eines jeden Plaza d’Espanya und gesäumt mit Cafés und Restaurants. Die weiß-gelbe Fassade mit ihren hellblauen Fensterläden leuchtet in der Sonne. Eine Besonderheit der Balkone ist die immer noch gut sichtbare Nummerierung dieser. Früher wurde der Platz unter anderem auch als Stierkampfarena genutzt. Die Nummern wiesen den Besuchern also ihre Plätze zu.

Monte Urgull, Jugendstil und unzählige Blautöne
Nach meinem Spaziergang durch die Altstadt führte mich mein Weg auf den Monte Urgull. Auf diesen gibt es unzählige Wege, die manchmal parallel, manchmal aber auch weit voneinander entfernt verlaufen oder sich nur kreuzen. Es lohnt sich also, sich ein grobes Ziel zu setzen, sich einen Überblick auf der Karte oder Plan zu verschaffen, aber dann einfach dem Herzen und den schönen Blicken entlang zu laufen. So ging ich eine ganze Weile immer am blauen Meer entlang und staunte bei jedem dritten Schritt über die unendlichen Blau-, Türkis-, Grün- und Beigetöne, die vor mir lagen. Die Sonnenstrahlen auf dem Wasser und die weißen Boote, die auf diesem lagen, glitzerten um die Wette. Ich wollte jedoch weiter ganz nach oben, wo auch das Museum San Telmo zu finden ist, um mir das Schauspiel auf dem Wasser, den Blick auf die Stadt und zur anderen Seite auf das weite, unendliche Meer anzusehen. Wer eine kleine Verschnaufpause braucht oder den Blick auf die Insel Santa Clara noch eine Weile genießen möchte, kann sich beim “Abstieg” in einem der besten Cafés San Sebastiáns (Polboriña) einen Kaffee oder ein erfrischendes Getränk gönnen. Empfehlenswert ist der Rückweg über die andere Seite des Berges Richtung Zurriola und dann um den gesamten Paseo wieder um den Monte Urgull zurück. Dafür fehlte mir zwar die Zeit, was mir aber keinen minder schönen Abstieg bescherte.

Auf der zum Meer gewandten Seite des Berges war es so friedlich, grün und ruhig, dass man fast vergessen hätte können, dass hinter einem eine Großstadt liegt. Inmitten des tiefen Blau des Atlantiks und der satten Grüntöne von Kiefern, Laubbäumen und Farnen kann man kaum anders als von Schritt zu Schritt anzuhalten und dem Meer zu lauschen, das unter einem an die Steinausläufe des Paseo donnert und sich wieder zurückzieht. Immer und immer wieder. In gleichmäßigen Abständen. Unbeschreiblich schöne Blicke auf das Meer und Segelboote stehen bei jedem Schritt an der Tagesordnung. Der Weg zurück führt an der Skulptur von Jorge Oteiza vorbei zum kleinen Hafen von San Sebastián. Hier liegen kleine Fischerboote friedlich neben größeren Booten für vergnügliche Ausflüge auf den Atlantik. Falls einem noch etwas maritimes Flair fehlt, sorgt dieser Anblick definitiv dafür. Bei jeder Stufe nach unten zum Hafen werden Sichtachsen frei, die mal ganz neue, mal veränderte Perspektiven auf die Bucht und den Hafen freigeben. San Sebastián ist eine Stadt des Wassers durch und durch. Sie ist umgeben von drei Stränden und einem Fluss. An jeder möglichen Stelle sonnen sich die Menschen oder gehen baden. Auch ich halte zu meinem Urlaubsglück am Rande des Hafens endlich meine Füße in den Atlantik. Was noch hervorsticht, ist der Jugendstil, der an jeder Ecke zu finden ist. Besonders schön und unübersehbar sind die verschiedensten Laternen in der Stadt mit ihren zwei Hauptkandelabern an der Strandpromenade. Auch der Zaun der erhöhten Strandpromenade ist so wundervoll, dass sie nun auf so einigen meiner Fotos zu finden sind. Ein wunderbarer erster Tag klingt mit einem Strandspaziergang aus und ich kann nicht glauben, dass es eigentlich sogar nur ein halber Tag gewesen ist. Als wäre der Tag nicht schon herrlich genug gewesen, schenkt uns San Sebastián noch einen Sonnenuntergang über der Bucht, der wieder mal all seine Magie verbreitet und für eine besondere Stimmung sorgt.
Zarautz, Getaria, Zumaia – Eine baskische Melodie
An Tag 2 machte ich mich auf Empfehlung eines spanischen Freundes auf, mit dem Bus drei umliegende kleine Surfer- und Fischerdörfer zu erkunden. Zarautz, Getaria, Zumaia. Ortsnamen, die wie Musik klingen. Alle so unterschiedlich und doch ähnlich. Alle so wunderbar, dass sie mir immer noch alleine bei dem Gedanken an diesen Tag ein großes Lächeln ins Gesicht zaubern. Aber dazu an anderer Stelle mehr.
Der Charme von San Sebastián – Immer mit Meerblick und salziger Luft

Überwältigt von der baskischen Schönheit, die oft sofort, manchmal aber auch versteckt an jeder noch so kleinen Ecke zu sehen ist, bricht ein neuer Tag an. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich schon Hals über Kopf in die Stadt, das Baskenland, seine Menschen und seine Stimmung verliebt, obwohl noch so viel zu entdecken bleibt. Mir kommt der Gedanke, wie viel mein Herz fassen kann, wenn die Tage weiterhin so wunderbar weitergehen, sich gegenseitig übertreffen und doch den vorangegangenen nicht die Schau stehlen. Meine Reiselust ist glücklich und zufrieden, fühlt sich zuhause, will aber doch immer mehr wie Sauerstoff zum Atmen, umso länger ich unterwegs bin. So tauche ich in einen neuen Tag ein, der mit Worten kaum zu beschreiben ist. Nach einem gemütlichen Frühstück im Bideluze, an das ich mich gewöhnen könnte, schlendere ich Richtung Monte Igueldo. Immer der Bucht entlang, immer mit Blick aufs Meer. Noch ist Flut und das Meer zieht sich nur langsam zurück, um die gesamte Breite des Strandes, Felsen und Wege freizugeben, die nur bei Ebbe zum Vorschein kommen. Der Strand ist bereits gut gefüllt. Immer mehr Familien machen es sich typisch spanisch mit Sack und Pack für einen Strandtag bequem, den sie nur zum Mittagessen unterbrechen werden. Jüngere und ältere Pärchen spazieren am Strand entlang und genießen die noch vormittägliche Mittagssonne, wobei das absolut notwendige Hab und Gut schonmal vor dem Wasser in der Luft geschützt werden muss. Jedes Fleckchen wird genutzt, sodass gefaltete Felsformationen schon mal zu Liegestühlen werden. Der Atlantik, der so ruhig daliegt, als würde auch er den Sommer genießen, färbt sich abermals in allen möglichen Abstufungen von Ocker über Grün und Türkis zu Blau. Rechts das Meer, links prächtige Häuserfassaden. Einen Zwischenstopp mache ich am 1893 erbauten Palacio Miramar zwischen Concha und Ondarreta. Auch die ehemalig königliche Sommerresidenz fügt sich in das Bild der sommerlichen Perfektion ein. Die weißen Jugendstillaternen leuchten mit den schon fast verblühten Hortensien im Sonnenlicht um die Wette. Ihr Park bietet ruhige Plätzchen zum Entspannen, Schatten- und Sonnenecken. Wieder meist mit dem Blick aufs Wasser. Ich folge ein Stück den Straßen, die sich immer weiter nach oben winden und einen dadurch auf verschiedene Ebenen hinabblicken lassen, um die Bucht in ihrer vollen Pracht und Breite zu bewundern. In der Luft liegt sonntägliche Gelassenheit. Bis ich die Bucht umrundet habe und vor den Skulpturen des Peine del Viento stehe, die bei tosendem Meer und in den kühleren, raueren Monaten ein fantastisches Schauspiel geben müssen. Auch an diesem Tag gurgelt das Wasser um und über die Felsausläufer oder bricht sich geräuschvoll an diesen. Ein weiteres Mal kann ich mich nicht an den klaren Farben sattsehen und höre eine gefühlte Ewigkeiten den winzigen Wellen zu.

Nun aber zum eigentlichen Ziel: mit dem Funicular auf den Monte Igueldo. Auch hier immer mit Blick auf die Bucht, die Ausläufer der Stadt und die dahinterliegenden grün bewaldeten Hügel im Dunst des Sonnenlichts. Der Blick geht diesmal noch weiter über die Bucht. Auf der anderen Seite, dem typischen Bild und der trubeligen Stadt abgewandt, liegen grüne Hügel, die eine unendliche Ruhe ausstrahlen und deren Felsen im Meer enden. Mein Blick folgt den Kurven der Küste bis sie verschwinden. Im Gegensatz zu dieser windigen, fast schon kühlen Seite, prallt die Sonne unerbärmlich heiß auf die Fläche des alten kleinen Vergnügungsparks. Das ebenfalls dort oben gelegene Mercure verspricht den “schönsten Ausblick der Welt” und hat damit gar nicht so unrecht. Nach einem letzten Blick auf die Bucht von oben und alles, was dahinter liegt bis es vom Horizont verschluckt wird, geht es wieder abwärts. Einmal um die dem Meer zugewandte Seite herum, die den Blick auf einen schneeweißen Leuchtturm freigibt, der in perfekter Art und Weise hinter dem satten Grün und vor dem kräftigen Meeresblau auftaucht bis es wieder in eine Wohngegend geht. Aber auch diese ist nicht minder schön. Der Weg gesäumt von baskischen Villen. Immer wieder entdeckt das Auge unerwartete Blicke zwischen den Häusern hindurch. Auf meinem Rückweg wieder der Bucht entlang, ist der Strand nun doppelt so breit und versprüht pures Sommergefühl. Ich bin versucht, mich einfach auf einer der Bänke der Promenade niederzulassen und nur aufs Meer zu schauen. Stattdessen spaziere ich durch die Straßen der Innenstadt mit ihren teils herrschaftlichen Gebäuden, an der Kathedrale vorbei Richtung Zurriola. Über die einzigartige Kursaalbrücke und den nun auch dank Ebbe recht leeren Fluss Urumea geht es in das Viertel Gros. Dort lasse ich mir im The Loaf einen Café schmecken, bevor es mich an den Surfstrand Zurriola zieht.
Im Licht der sich senkenden Sonne glitzern die sich kräuselnden Wellenkuppen umso mehr. Über dem Strand und der Stadt liegt nun ein goldener Dunst, der das leichte Lebensgefühl um ein weiteres Mal magisch macht und mein Herz fast vor Glück zum springen bringt. Die letzten Surfer kommen langsam aus dem heute zahmen Atlantik, wobei sie im Gegenlicht ein so typisches Bild abgeben. Langsam mache ich mich mit einem Gefühl von Freiheit wieder auf den Rückweg zurück über den nun vollen Urumea, bis die Sonne aus meiner Sicht hinter dem Monte Urgull verschwindet, während sie den Himmel in ein leichtes Gold färbt.
Wild und traumhaft – San Juan de Gaztelugatxe
Tag 4, der letzte vollständige Tag in San Sebastián oder besser gesagt seiner Umgebung, ließ meine Augen vor Freude und so viel unfassbarer Schönheit funkeln. Ließ mich vor dieser einzigartigen Natur, der keine noch so umwerfende Beschreibung gerecht werden kann, einfach nur staunen. Es gab Momente in den 17 Tagen meines Sommerroadtrips, in denen ich in den ersten Sekunden nicht komplett fassen konnte, was sich vor meinen Augen abspielte – dieser war einer davon. Die Rede ist von San Juan de Gaztelugaxte. Auch dieser herrliche Ort verdient jedoch seine eigenen Seiten.
Agur, Donosti – Das war definitiv nicht das Ende, sondern der Anfang einer weiteren langen Liebesgeschichte.
Alle nützlichen Tipps gibt es übersichtlich in diesem zusätzlichen Artikel.
Du willst vom Sofa aus näher in die Orte eintauchen? Reise in Bildern nach San Sebastián, Zarautz, Getaria, Zumaia und San Juan de Gaztelugatxe.